Eine Radtour durch das heutige Spanien. Reiseskizzen von Fanny Bullock Workman und William Hunter Workman, Verfasser der "Erinnerungen an Algier". Mit dreissig Illustrationen und einer Karte. Deutsch von M. Springer.
Backnang, Verlag von Fr. Mürdter, 1897.
8°. XVI,270 S., Abbildungen + einer mehrfach gefalteten Karte. Illustr. Orig.-Leinen.
Die Fahrradtour des Ehepaares Bullock-Workman durch Spanien ist natürlich zu der Zeit (1895) ein höchst ungewöhnliches und auch sehr abenteuerliches Unterfangen, denn abgesehen davon, dass es keine Fahrradwege gab, sondern nur verstaubte und sandige Pfade und Wege, waren natürlich auch die Fahrräder aus heutiger Sicht höchst schwer und unkomfortabel, ebenso die Bekleidung der Radler (auf einigen Fotos sieht man Fanny Bullock mit schweren Kleidern neben ihrem Fahrrad stehen). Tapfer mühte sich das Ehepaar jedoch durch das in fast allen Gegenden noch sehr ländlich geprägte Spanien.
Die ein oder andere größere Stadt liegt auch auf dem Weg – so u.a. auch Malaga. Diese Stadt „wird als Winteraufenthalt für Kranke viel gepriesen. Wenn auch das Klima zweifelsohne günstig ist, so muss doch der Kranke ausserordentlich starke Nerven haben, wenn er dieses babylonische Durcheinander unbeschreiblichen Lärmens, der die Nächte in dieser Stadt abscheulich macht, ertragen kann.“ (S. 108). Heute kann man darüber nur schmunzeln, denn bei dem Lärm handelt es sich natürlich nicht um Auto- und Flugverkehr, sondern über „ohrenbetäubendes Geschrei der Hausierer und Ausscheller, das laute Schwatzen der Menge, (…), das Rasseln der eisernen Fensterladen (…)“. Manch‘ Städter wäre heute dankbar für diese Art „unbeschreiblichen Lärmens“.
Neben der Beschreibung geographischer Höhepunkte verwendet das Ehepaar auch viel Zeit und Muße zur Betrachtung der Spanier und ihrer Kultur. Besonders ins Auge fällt ihnen die Freude der Spanier am Rauchen: „Was würde ein Spanier ohne seinen geliebten Tabak anfangen? Seine Cigarette ist ihm bei den Mahlzeiten die Würze der Nahrung. Im Theater kann er am Schauspiel kein Ergötzen finden, wenn er es nicht durch den Tabaksqualm hindurch betrachten kann…(…) und gar oft ebnet der Wanderer sich den Pfad, wenn er rechtzeitig seinen Tabak zum Vorschein bringt.“ (S. 113 ff).
Das amerikanische Ehepaar Bullock Workman zählte zu den fortschrittlichsten und reisefreudigsten Geografen und Schriftstellern seiner Zeit, beide waren Mitglieder der Royal Geographic Society und der Royal Scottish Geographical Society. William Hunter (1847-1937), der in Havard und einigen europäischen Universitäten Medizin studierte und Fanny (1859-1925), die in den USA sowie Paris und Dresden eine höhere Schule besuchte, bereisten gemeinsam viele Kontinente und Länder. Dabei nutzten sie vor allem das Fahrrad als Fortbewegungsmittel. Während ihrer Reisen und Expeditionen, auf denen sie u.a. einige Berge des Himalayas und der Alpen erklommen, kartographierten sie verschiedene Regionen der Erde und verfassten einige Reisebücher.
Fanny Bullock zählte zu den ersten Bergsteigerinnen und setzte sich unermüdlich für bessere Bildungschancen für Frauen und die Gleichberechtigung ein. Außerdem gehörte sie zu den Gründungsmitgliedern des American Alpine Club.
Zustand: Einband etwas berieben und beschabt; Kapitale, Ecken und Kanten etwas bestoßen; papierbedingt gebräunt; S.105-109 etwas fleckig; S.257-268 mit Knickfalten; Karte ebenfalls mit Knickfalte sowie einem größeren Einriss.